Psychische Gesundheit und New Work – Resilienz

Die Prävalenz psychischer Erkrankungen unter Berufstätigen steigt stetig an, das berichten Krankenkassen seit einigen Jahren. So fühlt sich beispielsweise jeder Zweite in Deutschland von arbeitsbedingten Überforderungen bedroht. Das Arbeitstempo und der Leistungsdruck werden von vielen Arbeitnehmern als sehr belastend empfunden. Gleichzeitig erfordern technologische und gesellschaftliche Entwicklungen das Anpassungsvermögen der Arbeits- und Wirtschaftswelt. Als Reaktion auf die neuen Anforderungen entstehen flexible Arbeitsformen und strukturelle Veränderungsansätze, die aktuell unter dem Begriff New Work zusammengefasst werden. Die Werte und Kultur in Unternehmen weltweit befinden sich dadurch im Wandel. Die Aufmerksamkeit zieht sich dabei zunehmend auf die Beschäftigten und deren Bedürfnisse. So gewinnen Themen wie die Gesundheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten immer mehr an Bedeutung. In diesem Kontext nimmt das Konzept der Resilienz einen besonderen Platz in der Gesundheitsförderung und Prävention in Unternehmen ein.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Strategie & Innovation
Themen:
Arbeitswelten/NewWork
Psychische Gesundheit und New Work – Resilienz

Was ist Resilienz?

Als Resilienz versteht man die psychische Widerstandsfähigkeit eines Menschen gegenüber Dauerbelastungen, Lebenskrisen und traumatischen Ereignissen. Es beinhaltet die Fähigkeit, sich von widrigen Umständen rasch zu erholen und diese ohne langfristige Beeinträchtigung zu überstehen. Darüber hinaus sollen besonders widerstandfähige Menschen an den Belastungen persönlich wachsen und die Anforderungen als Chance für eine Weiterentwicklung nutzen. Diese Beschreibungen betonen zum einen psychische Robustheit, negative Ereignisse wirkungslos von sich abprallen zu lassen. Zum anderen stechen dabei Anpassungs- und Distanzierungsfähigkeiten sowie Wachstumsgedanken hervor.

Das Konzept der Resilienz hat Ihren Ursprung geschichtlich in der Entwicklungspsychologie. Hier bezog es sich auf die optimale Entwicklung eines Individuums trotz widriger Lebensbedingungen mit hohen Entwicklungsrisiken. Bezüglich der psychischen Widerstandskraft bestehen starke interindividuelle Unterschiede, die zum Teil von der Genetik vorbestimmt sind.

Aktuellere Forschungen gehen aber dennoch von der Erlern- und Trainierbarkeit der Resilienz aus und nennen eine Reihe von psychosozialen Schutzfaktoren und Ressourcen, welche die psychische Widerstandskraft ausmachen. Zu den förderlichen Persönlichkeitseigenschaften werden beispielsweise Optimismus, Offenheit, Selbstvertrauen, Ehrlichkeit, Gewissenhaftigkeit, soziale Verträglichkeit und Kreativität genannt. Positive Grundeinstellungen, eine hohe Selbstwirksamkeitsüberzeugung, Humor, Glauben, Moral sowie proaktives Verhalten gelten als Schutzfaktoren. Zudem dienen erfüllende Beziehungen und soziale Unterstützungen als wertvolle Ressourcen. Wichtig ist dabei, dass Menschen sich der eigenen Stärken und Ressourcen bewusst werden und diese weiter aufbauen.

Förderung der Resilienz im Unternehmen

Aufgrund der zunehmenden Sensibilität gegenüber (psychischer) Gesundheit und Wohlbefinden der Erwerbstätigen legen Unternehmen immer mehr Wert auf die Prävention und Gesundheitsförderung. In diesem Rahmen findet das Konzept der Resilienz in der Arbeitswelt eine breite Anwendung. Unternehmen streben zum einen nach individueller Stressresistenz aller Mitglieder, zum anderen nach einer Krisensicherheit der gesamten Organisation.

Zur Förderung der Resilienz auf der individuellen Ebene werden bereits diverse Schulungs- und Trainingskonzepte entwickelt, welche sich angesichts der zugrundeliegenden Modelle unterscheiden. Als ein bekanntes Modell zum Aufbau der Resilienz gilt das Stufenmodell von dem Psychologen Al Siebert. Der Wissenschaftler betrachtet physische und psychische Gesundheit sowie Problemlösefähigkeiten als Grundlagen für die Resilienz. Man kann diese durch einen gesunden Lebensstil und einen optimalen Umgang mit Stress fördern. Im Unternehmenskontext kann man dies einerseits durch Schulungen, Programme und Anleitungen zu Stressbewältigung, Ernährung und Selbstmanagement erreichen. Andererseits zeigen eine stressarme Arbeitsplatzgestaltung, eine mitarbeiterorientierte Führung und ein positives Betriebsklima ebenfalls positive Auswirkungen.

In einer weiteren Stufe werden der Aufbau eines starken Selbstvertrauens, eines gesunden Selbstwertgefühls und eines positiven Selbstkonzeptes genannt. Als Grundvoraussetzungen dafür gelten eine hohe Selbstwirksamkeitsüberzeugung und die positive Einstellung, problematische Situationen als interessante Herausforderung zu sehen. Diese Schlüsseleinstellungen kann man im Unternehmen gezielt fördern und verstärken, indem man den Beschäftigten einen großzügigen Handlungs- und Entscheidungsraum zur Verfügung stellt. So kann man bei wichtigen Entscheidungen die Beschäftigten mehr miteinbeziehen oder ihnen mehr Wahlmöglichkeiten bezüglich ihrer Arbeitszeit- oder Aufgabenplanung  lassen.

Die Lernbereitschaft und Neugier sowie Offenheit werden als weitere Aufbaustufe im Modell verstanden. Sie begünstigen die Fähigkeit eines Individuums oder einer Organisation, sich in unbekannten Situationen oder Krisen schnell neu zu orientieren und proaktiv zu handeln. Als Ziel bzw. Endstufe des Modells sollen Individuen und Organisationen aus Krisen gestärkt hervorgehen und daran wachsen.

Die Auswahl und Kombination einzelner Maßnahmen können sich schwerpunktmäßig von Unternehmen zu Unternehmen unterscheiden. Wichtig und sinnvoll ist es dennoch, dass die angewendeten Maßnahmen miteinander harmonieren und den Erwartungen der Belegschaft entsprechen. Prinzipiell sollten Unternehmen – schon im Vorfeld – mögliche Gefahren diagnostizieren und Handlungs- und Notfallpläne entwickeln. Beispielsweise sollte man die frühen Warnzeichen von psychischen Überforderungen, wie erhöhte Fehlzeiten, Konflikte im Team etc., rechtzeitig erkennen und sofort handeln, bevor die ersten Burnout-Fälle kommen. Darüber hinaus sollten die Schwächen und Stärken, Problemlösefähigkeiten sowie Handlungsstrategien sowohl auf individueller als auch organisationaler Ebene genauer unter die Lupe genommen und stetig optimiert werden. Zudem ist der Ausbau eines erweiterten Netzwerks  sozialer Unterstützung als Ressource in Krisensituationen von enormer Bedeutung.

Die Förderung organisationaler Resilienz erfordert somit einen Handlungsansatz auf mehreren Ebenen. Der Aufbau der Resilienz soll zudem als Unternehmensziel akzeptiert und in der Unternehmenskultur verankert sein. Es soll sich in der Führungskultur und Gestaltung der Arbeitsbedingung wiederfinden.

Fazit

Im Wandel der Arbeitswelt entstehen neue Arbeits- und Organisationsformen. Sie stellen die vorherrschenden Werte und Kulturen in Unternehmen infrage. Die Gesundheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten gewinnen dabei immer mehr an Bedeutung. Unternehmen streben sowohl nach Förderung individueller Stressresistenz aller Mitglieder als auch nach der Krisensicherheit der eigener Organisation. Hierfür eignet sich das Konzept der Resilienz in einer breiten Anwendung. Der erfolgreiche, nachhaltige Aufbau der organisationalen Resilienz erfordert allerdings Handlungsbedarf auf mehreren Ebenen.

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