Kundenkommunikation und Beschwerdemanagement im digitalen Zeitalter

Kunden geben gerne Feedback. Kunden lesen durchaus Bewertungen, bevor sie eine Kaufentscheidung treffen. Das alles ist nicht neu und kann dem Unternehmen, sofern Feedback und Bewertung positiv ausfallen, von Nutzen sein. Doch was passiert mit den negativen Rückmeldungen, den Beschwerden? Auch die sind wertvolles Feedback für Unternehmen. Sie zeigen, wo das Unternehmen Schwächen hat und geben Ansatzpunkte, das negative Kundenerlebnis in ein positives zu drehen. Denn ein Kunde, der mit seiner Beschwerde ernst genommen wird, ist ein zufriedener Kunde.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Vertrieb & Kunde
Themen:
Beschwerdemanagement
Kundenkommunikation und Beschwerdemanagement im digitalen Zeitalter

Die Kundenkommunikation der Zukunft ist digital

Die Schnittstelle zum Kunden wird digitaler. WhatsApp, Facebook, Chatbot, Mail, Videochat – dem Kunden werden viele Optionen zur Kommunikation geboten. Die Zunahme der digitalen Kommunikation bedeutet jedoch nicht, dass die persönliche, empathische Komponente an Bedeutung verliert. Auch in der digitalen Kommunikation muss diese gewährleitet werden. Wie das gelingen kann und wo die Versicherungsbranche beim Thema Beschwerdemanagement steht, darüber haben wir mit Prof. Dr. Andreas Schöler, Professor für Dienstleistungsmanagement und Konsumentenpsychologie an der Hochschule für angewandtes Management GmbH gesprochen.

Ein Transkrit des Interviews finden Sie unterhalb des Videos.

 

Das Interview mit Prof. Dr. Andreas Schöler wurde im Juni 2019 im Rahmen des Messekongresses „Kundenmanagement in der Assekuranz“ geführt. Bei dem nachfolgenden Text handelt es sich um ein Transkript des Videointerviews.

Welche Rolle nimmt aktuell das Beschwerdemanagement im ganzeinheitlichen Kundenmanagement ein?

Ich glaube, dass die Rolle des Beschwerdemanagements sich eigentlich nicht wirklich groß verändert. Es ist weiterhin eine ganz wichtige Rolle. Wenn wir uns das von der Kundenseite angucken, dann kann man feststellen, dass es weiterhin eigentlich die Gretchenfrage für viele Kunden ist. Das heißt, wenn mal was schief läuft, wie verhält sich das Unternehmen, wie reagiert es? Hat es da noch ein genauso hohes Commitment in meine Geschäftsbeziehung, in mich als Kunde, wie in anderen Themen, die vielleicht nicht so problematisch sind. Und wenn wir dann vielleicht ein bisschen weiter schauen, dann stellen wir fest, dass die Aufmerksamkeit der Kunden in diesem Moment auch extrem hoch ist. Das heißt, es bleibt im Kopf. Das ist ein ganz wichtiges Beziehungserlebnis, die Beschwerde, und damit im Kundenmanagement weiterhin eines der bedeutendsten Erlebnisse für die Kunden überhaupt.

Und wie sind die Versicherer hier aufgestellt? Nutzen die Versicherer die Möglichkeiten des Beschwerdemanagements aktiv? Was können sie in Zukunft noch besser machen?

Ich glaube, die Handlungsfelder sind die ganz klassischen. Ein ganz wesentlicher Punkt ist das nachhaltige Dranbleiben. Das Beschwerdemanagement war noch nie und es wird auch nie ein Thema sein, was man schnell abgearbeitet hat, was schnell, gut und einfach funktioniert. Das sind immer wieder verschiedene Trends, die auch mit reinspielen. Wir haben auf der einen Seite, wenn wir uns das bei den Kunden angucken, ein wesentliches Handlungsfeld, dem auch die Versicherer ausgesetzt sind – das veränderte Kundenverhalten. Das heißt, wie sieht eigentlich das Beschwerdeerlebnis aus und wie soll das Beschwerdeerlebnis aus Kundensicht aussehen? Was erwarten die Kunden dort? Was erwartet der ältere und was erwartet der jüngere Kunde? Was erwartet der digital affine Kunde und der weniger digital affine Kunde? Und dazu schauen, was ist denn unser Soll-Beschwerdeerlebnis. Was soll da passieren? Das ist ein wichtiges Handlungsfeld, um dann auch in den feinen Nuancen eine Interaktion zu haben. Aber das ist das eine. Das andere ist, es ist halt weiterhin auch so, dass es eine wahnsinnige Führungsaufgabe ist. Auch das ist ein Thema. Eine Führungsaufgabe, eine Personalentwicklungsaufgabe. Das heißt, es braucht auch im Hintergrund weiter Menschen, die das Thema in der Organisation positionieren, um manchmal gegen das negative Bild, das der Beschwerde anhaftet, auch ein Gegengewicht zu geben.

Und wie gelingt das in der Branche?

Ja, so und so. Ich glaube, da ist die Heterogenität genauso da wie in allen anderen Branchen auch. Da gibt es einzelne Versicherer, die sehr weit vorne sind. Wo einzelne Führungskräfte das Thema als Evangelisten treiben und auch das Gesicht sind, das Thema Beschwerdemanagement als was Positives im Unternehmen positionieren können. Und in anderen Fällen braucht es vielleicht noch ein bisschen mehr Rückhalt und Rückenwind. Und Rückenwind braucht es natürlich auch an verschiedenen anderen Stellen. Wir haben natürlich im Beschwerdemanagement, dass darf ich vielleicht noch ergänzen, dieselben Themen wie in anderen Bereichen auch. Das Thema Digitalisierung können wir schon lange nicht mehr hören, aber das ist ein wesentliches Thema. Und da geht es eben darum, in dieser Vielfalt der Möglichkeiten, genau das zu finden, was uns ein Stück weiterbringt. Da sehe ich wirklich ein Handlungsfeld: Haben wir eigentlich, auch wenn wir nicht alles gleichzeitig angehen können, eine Digitalisierungslandkarte auch für das Beschwerdemanagement? Wo finden wir die Themen? Woran wollen wir arbeiten?

Jetzt wird ja alles digital, auch die Kundekommunikation wird digitaler. Gerade im Beschwerdemanagement ist die persönliche Komponente ja eine wichtige. Wie kann es gelingen, das in dieser digitalen Zeit zu gewährleisten?

Ja, das ist tatsächlich eine große Herausforderung. Auf der einen Seite stellen wir fest, dass Kunden auch Feedback-affiner werden. Das heißt, mehr Feedback kommt, möglicherweise auch durch Kundenbefragungen. Auch in der digitalen Kommunikation kommt es darauf an, dass Individualität und Wertschätzung rüber kommen. Das heißt, Obacht vor zu standardisierten Antworten. Insbesondere, wenn der Kunde sich die Mühe macht, Feedback zu geben, auch im digitalen Umfeld. Das ist ganz wichtig! Eine möglichst individuelle Reaktion, die der Kunde auch als solche empfindet. Das ist das eine. Und das andere ist, einen guten Sprung zu schaffen, aus dem digitalen Kanal rein in einen klassischen, persönlichen Kanal, wenn es Themen sind, die schwierig über ein Medium oder schwierig über einen digitalen Kanal zu klären sind. Hier muss man schauen, wo muss ich in die direkte Interaktion gehen, weil die Emotionen hochpochen. Wir kennen das alle: Wenn wir eine E- Mail lesen, kann man zwischen den Zeilen auch viel reininterpretieren. Da hilft dann schnell mal auch der Griff zum Telefon oder sogar ein persönliches Gespräch.

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